Samstag, 17. November 2012

170 verwirrende Jahre ODER die Auswirkungen der Kalenderreform Papst Gregors XIII.

Es gibt zur Hoch-Zeit der Segelschiffe einen Aspekt, der mir zwar immer schon (zumindest teilweise) bekannt war, aber nicht in allen seinen konkreten einzelnen Auswirkungen.

Die Kalenderreform oder "Wir wollen unsere Tage zurück!"
Es ist sicher allgemein bekannt, dass für uns der "Gregorianische Kalender" gilt und die meisten dürften auch wissen, dass bei der Einführung des Kalenders 10 Tage ausgelassen wurden.

Warum ein Kalender?
Seit Urzeiten (zumindest seit der Zeit, als aus Jägern und Sammlern sesshafte "Bauern" wurden) leben die Menschen nach einem Kalender, die es allerdings in den verschiedensten Ausprägungen gab. Denn es ist wichtig, bestimmte Zeiten für die Aussaat bzw. Ernte bestimmen zu können. Ein bekannter Zeitpunkt dürfte z.B. die Nilschwemme sein. Aktuell dürfte allen der Maya-Kalender bekannt sein, nach dem wir eventuell nur noch bis zum 21.12. Zeit haben, um unsere Projekte zu beenden :-).
Grundlage aller Kalender sind astronomische Beobachtungen/ Ereignisse, die regelmäßig wiederkehren. Diese beziehen sich meist auf Ereignisse des Mondes (lunar) oder der Sonne (solar). Der bekannteste lunare Kalender ist der islamische Kalender, während die bei uns verwendeten Kalender solare Kalender sind bzw. waren. Im folgenden beziehe ich mich nur noch auf solare Kalender, da die Schwierigkeiten bei beiden Kalendern gleich sind.

Grundlagen der Kalender
Ein wesentlicher Punkt ist bei allen Kalendern die tatsächliche Länge eines Jahres. Ein Sonnenjahr (tropisches Jahr) bezieht sich auf den Zeitpunkt gleicher Sonnenstände. Z.B. die Tagundnachtgleiche im Frühjahr/Herbst (gleiche Länge von Tag und Nacht) oder die Sonnenwende im Sommer/Winter (längster bzw. kürzester Tag im Jahr). Der Abstand aufeinander folgender gleicher Sonnenstände beträgt momentan (Stand 2000) 365,24219052 Tage = 365 Tage, 5 Stunden, 48 Minuten, 45,261 Sekunden.
Da uns hier die Natur nun leider nicht ganze Tage vorgibt, unsere Kalender aber in ganzen Tagen rechnen, muss für die knapp 6 Stunden ein Ausgleich geschaffen werden, damit Kalenderdatum und Sonnenstände übereinstimmend bleiben. Passiert dies nicht, "wandern" die astronomisch festgelegten Sonnenstände - und damit natürlich auch die Jahreszeiten! - durch den Kalender. Dies führte z.B. zum Wandern der o.a. Nilschwemme durch den ägyptischen 365-Tage-Kalender.

Kalenderreformen
Das Wandern der Nilschwemme veranlasste Ptolemaios III zu einer Kalenderreform mit der Einführung eines Schalttages (mit einem bleibenden restlichen Fehlbetrag). Die nächste für uns bedeutende Kalenderreform ist die Einführung des "Julianischen Kalenders" durch Julius Cäsar im Jahr 45 v. Chr. Allerdings ist das julianische Jahr um etwa 11 Minuten und 14 Sekunden zu lang. Dies führte in den folgenden rund 1600 Jahren allerdings zu einer erheblichen Abweichung vom Sonnenlauf. Im Reformjahr 1582 wurde der Gregorianische Kalender unter Auslassung von 10 Kalendertagen (auf den 4. Oktober folgte der 15.) - und das folgende ist für uns wichtig - per päbstlicher Bulle - eingeführt.

Warum interessiert uns die päbstliche Bulle?
Nun ist aber der Pabst lediglich in den katholischen Ländern wichtig, die protestantischen Länder lehnten die Einführung dieses Kalenders zunächst ab. Und zu den protestantischen Ländern gehör(t)en die aus schiffsbautechnischer Sicht interessanten Länder:
- Königreich Dänemark
- Nordöstliche Niederlande
- Königreich Schottland
- Königreich England
- Königreich Schweden

Einschub oder wann fängt ein neues Jahr an?
Für uns alle klar und auch nicht mehr weit entfernt fängt das neue Jahr am 01. Januar an. Dies war natürlich nicht immer der Fall. Bei den Römern galt bis 153 v.Chr. z.B. der erste März als Jahresbeginn, danach der 1. Januar. Bis 1691 galt in weiten Teilen Europas der 6. Januar als Jahresbeginn. Dagegen erfolgte der Jahreswechsel in Schottland bis 1600 und in England bis 1752 erst am 25. März.

Und was sind nun die Auswirkungen?
Nun, man sollte im o.g. Zeitraum immer genau darauf achten, auf welchem Kalender ein angegebenes Datum basiert. Und dies nicht nur bei Daten mit Tag und Monat (ggf. 11 Tage Unterschied), sondern auch bei der Jahreszahl.
So liegt in England der 24. März 1737 NACH dem 25. März 1737. Während der 24.März der letzte Tag des Jahres 1737 war, war der 25. März der Neujahrstag.

Und während man in London am 01. Januar Briefe mit der Jahreszahl 1737 datierte, erfolgte dies in Paris am gleichen Tag mit dem Datum 12.01.1738, während man in Edinburgh mit 01.01.1738 datierte, da dort bereits 1600 der Neujahrstag auf den 01.Januar festgelegt wurde, man aber beim julianischen Kalender blieb.

Verwirrend? - Ja!

(Inspiriert durch: "18th Century Shipbuilding: Remarks on the Navies of the English and the Dutch from Observations Made at Their Dockyards in 1737")